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Filmgeschichte.

Publié le 06/12/2021

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Filmgeschichte.
1

EINLEITUNG

Filmgeschichte, geschichtliche Entwicklung des visuellen Kunstmediums Film.

2

URSPRÜNGE

1824 veröffentlichte der englische Gelehrte Peter M. Roget eine Studie, in der er das Phänomen der Trägheit des Auges beschrieb. Er fand heraus, dass das menschliche
Auge ein Bild für den Bruchteil einer Sekunde länger speichert, als es tatsächlich vorhanden ist. Angeregt durch Rogets Arbeit wurden verschiedene Methoden zur
Untersuchung und Nutzung des Phänomens entwickelt.

2.1

Erste Versuche: Mechanik und Photographie

In Europa und den USA setzte man mit speziellen Apparaten von Hand gezeichnete Bilder in Bewegung, die als Unterhaltungsmedium in den Salons des Mittelstands bald
weit verbreitet waren. Man fand dabei etwas Wesentliches heraus: Erstellt man von einer Bewegung, die eine Sekunde dauert, 16 Bilder und lässt diese nacheinander auch
innerhalb einer Sekunde ablaufen, so lässt die Trägheit des Auges sie als fließende, konsistente Bewegung erscheinen.
Ein Band mit solchen Einzelbildern, das auf der Innenseite einer sich drehenden Trommel befestigt war, nannte man Zoetrop. Sah man durch die seitlichen Schlitze der
rotierenden Trommel, schienen sich die Bilder zu bewegen. Ein komplexeres Gerät war das Praxinoskop des französischen Erfinders Charles Émile Reynaud. Es bestand aus
einer Drehtrommel mit Bildern an der Innenwand und ringförmig angeordneten Spiegeln in der Mitte. Durch die Rotation der Trommel erwachten die Bilder zum Leben.
Ungefähr zur selben Zeit arbeiteten William Henry Fox Talbot in England und Louis Daguerre in Frankreich am ersten praktikablen photographischen Verfahren, das 1839
vollständig entwickelt war. Schon 1852 wurden in ,,Bildmaschinen" wie dem Zoetrop die Zeichnungen durch erste Photographien ersetzt. 1861 ließ sich der amerikanische
Erfinder Coleman Sellers das Kinematoskop patentieren, das auf einem sich drehenden Schaufelrad montierte Photographien zum ,,Laufen" brachte. In Bildervorführsalons
wurden die Photographien mit dem Kinematoskop für das Publikum in schneller Folge auf eine Leinwand projiziert. Mit zunehmender Geschwindigkeit der Apparaturen und
der qualitativen Verbesserung des Fotomaterials wurde es möglich, ganze Bewegungsabläufe anstatt gestellter Einzelphasen zu fotografieren. 1877 nahm der britische
Photograph Eadweard Muybridge mit einer Reihe von 24 Kameras den Bewegungszyklus eines laufenden Pferdes auf.
Einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zur Filmkamera unternahm der französische Physiologe Étienne Jules Marey, bei dessen tragbarem chronophotographe ein einziges
bebildertes Band in gleichmäßiger Geschwindigkeit an einem Verschluss vorbeilief. Das als Filmstreifen verwendete Ölpapier verzog sich allerdings schnell und riss leicht.
Durch die Entwicklung eines Filmstreifens mit einer hochempfindlichen Emulsion, die auf reißfestem Zelluloid aufgetragen war, machten die amerikanischen Erfinder
Hannibal Goodwin und George Eastman 1889 das Experimentieren mit bewegten Bildern zeit- und kostensparender.

2.2

Thomas Alva Edison und William K. L. Dickson

Bis in die neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts galt das Interesse der Wissenschaft mehr der Photographie als der Kinematographie. Dies änderte sich, als der
amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison in der Nähe seines Labors die ,,Black Maria" einrichtete, eine Hütte aus Teerpappe, in der er Versuche mit bewegten Bildern
unternahm. Dies war sozusagen das erste Filmstudio der Welt. Gemeinhin gilt Edison als der Erfinder der ersten Filmmaschine, des Kinetoskops. Die eigentliche Arbeit
führte jedoch sein Assistent William Dickson durch. Dickson konstruierte das noch heute verwendete Perforationssystem zur Führung des Filmes in der Kamera. Bereits
1889 gelang ihm ansatzweise die erste Produktion eines Filmes im so genannten Nadeltonverfahren, einem Vorläufer des Tonfilmes. Beim Kinetoskop, das sich Edison 1891
patentieren ließ, liefen ungefähr 15 Meter Film in einer Endlosschleife vor einem Vergrößerungskasten, in den ein einzelner Betrachter hineinsehen konnte. Die
münzbetriebenen Geräte wurden 1894 in öffentlichen Salons in New York eingeführt und kamen im selben Jahr nach London, Berlin und Paris.

2.3

Die Gebrüder Lumière

In Europa wie den USA experimentierte man mit einer Technik der Filmvorführung, die für mehrere Betrachter gleichzeitig geeignet war und kombinierte dabei Techniken
aus Edisons Kinetoskop mit denen der Laterna Magica. 1895 stellten die Brüder Louis und Auguste Lumière in Frankreich ihren cinématographe vor, eine Kombination aus
Drucker, Kamera und Projektor. Die Lumières produzierten eine überaus erfolgreiche Kurzfilmreihe, in der das Phänomen der Bewegung an verschiedenen Beispielen
demonstriert wurde. Man konnte Arbeiter sehen, die eine Fabrik verließen, Brandungswellen an der Küste und einen Gärtner beim Sprengen des Rasens. In einem ihrer
effektvollsten Filme fuhr ein Postzug auf die Betrachter zu, die ängstlich zurückwichen. Im Edison Studio in den USA produzierte man aufwendigere und stark am Theater
orientierte Filme. Dort traten Zirkusartisten, Tänzer und Bühnenschauspieler vor den Kameras auf. Zu der Zeit war die Filmausrüstung bereits standardisiert, und so
konnten die Filme sofort weltweit vertrieben werden.

3

EINAKTER

1896 demonstrierte der französische Zauberer Georges Méliès, dass der Film das Leben nicht nur aufzeichnen, sondern auch interpretieren konnte. In einer Filmreihe
erprobte er das erzählerische Potential des neuen Mediums. In einem Studio am Stadtrand von Paris stellte Méliès in zehn Teilen den Dreyfus-Prozess (1899) nach und
verfilmte das Märchen Aschenputtel (1900) in 20 Szenen. Damit war der Einakter geboren. Von Bedeutung sind jedoch hauptsächlich seine phantastischen Filme wie Eine
Reise zum Mond (1902), in dem er mit den Trickmöglichkeiten der Filmkamera spielte. Méliès fand heraus, dass er Gegenstände im Film verschwinden lassen konnte, wenn
er die Kamera in der Mitte einer Einstellung anhielt und vor dem Weiterdrehen die Szene umstellte. Außerdem konnte man Doppelbelichtungen und Überblendungseffekte
erzielen, wenn man den Film einige Meter zurückspulte und erst dann die nächste Aufnahme begann. Seine Kurzfilme waren sofort ein Publikumserfolg und wurden weltweit
vorgeführt. Auch wenn man sie heute nur noch als Kuriositäten ansieht, waren sie doch wichtige Vorläufer der Techniken und Stilmittel einer Kunstform, die damals noch in
den Kinderschuhen steckte.
Der dokumentarische Stil der Gebrüder Lumière und die am Theater orientierten Fiktionen Méliès' verschmolzen in den realistischen Erzählfilmen des amerikanischen
Erfinders Bedwin S. Porter, der oft der Vater des Erzählfilmes genannt wird. 1903 produzierte Porter im Edison Studio den ersten bedeutenden amerikanischen Film, The
Great Train Robbery. Das achtminütige Werk hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des Filmes, denn Porter schnitt zum ersten Mal Szenen zusammen, die zu
verschiedenen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten gedreht wurden. Er schuf dadurch eine durchgängige Erzählung mit einfachem Spannungsbogen, der in einer
Verfolgungsjagd gipfelte. Damit hatte Porter den Schnitt erfunden, eine grundlegende Technik der Filmproduktion. Beim Filmschnitt werden einzelne Zelluloidstücke so
zusammengesetzt, dass sie dem Zuschauer wechselnde Perspektiven und einen bestimmten Wahrnehmungsrhythmus aufzwingen, die eine suggestive Wirkung und starke
Affekte hervorrufen.
Der überaus erfolgreiche The Great Train Robbery machte den Film zu einer Kunstform für die breite Masse. Überall in den USA schossen kleine Vorführhäuser, die
,,Nickelodeons", aus dem Boden, und der Film entwickelte sich langsam zu einem eigenen Industriezweig. Die meisten Einakter dieser Zeit waren Kurzkomödien,
Abenteuergeschichten oder verfilmte Theaterstücke mit seinerzeit beliebten Schauspielern.

4

DER STUMMFILM

Zwischen 1909 und 1912 wurde der neu entstandene Industriezweig vollständig durch die ,,Motion Picture Patents Company" kontrolliert, einem Trust, zu dem sich führende
Produzenten zusammengeschlossen hatten. Sie begrenzten die Filmlänge auf einen oder zwei Akte und weigerten sich, die Namen der Darsteller im Vor- oder Abspann zu
erwähnen. Im Jahr 1912 bekam dieses Monopol jedoch Konkurrenz; unabhängige Produzenten gründeten in Europa und den USA ihre eigenen Produktions- und
Vorführgesellschaften. Sie zeigten Spielfilme in voller Länge, wie Quo Vadis? (1912) aus Italien und Queen Elizabeth (1912) aus Frankreich, in dem die französische
Theaterdiva Sarah Bernhardt die Titelrolle spielte.
Besonders das Beispiel Italiens, das 1912 mit über 700 Produktionen die am weitesten entwickelte Filmindustrie besaß, ließ die amerikanischen Produzenten aktiv werden.
Sie forderten längere Filme, größere künstlerische Freiheit für die Regisseure und die namentliche Nennung der Darsteller, von denen einige immer mehr zu
Publikumslieblingen wurden. Dies bescherte dem amerikanischen Film eine Periode großer wirtschaftlicher und künstlerischer Prosperität.
Der einflussreichste Filmemacher der frühen Stummfilmzeit war der amerikanische Produzent und Regisseur D. W. Griffith, der als erster eine spezifische Ästhetik des Filmes
entwickelte. Griffith begann 1908 im Biograph-Studio in New York, die damaligen Stilelemente des Filmes zu verfeinern. Er konzentrierte seine Aufnahmen zu Beginn einer
Drehphase immer auf die zentralen Punkte der Handlung und setzte als erster Regisseur die Großaufnahme als Stilmittel ein. Griffith baute sich sein eigenes
Schauspielerensemble auf und bildete die Darsteller aus, zu denen auch zukünftige Stars wie Mary Pickford, Lionel Barrymore und Lillian Gish gehörten. Einzigartige Effekte
erreichte er durch ausgiebiges Experimentieren mit Beleuchtung, Kameraeinstellungen und der Verwendung von Filtern auf der Linse. Seine Szenen unterteilte Griffith in
verschiedene Aufnahmen. Durch ihre genau geplanten Längen wurde ein Spannungsbogen und eine Rhythmik aufgebaut, wie es sie nie zuvor im Film gegeben hatte. Griffith
bewies, dass der Schnitt die Basis filmischer Ausdruckskraft darstellt und dass das Grundelement des Schnittes die einzelne Aufnahme ist und nicht die ganze Szene.
Griffith' erster großer Film war Die Geburt einer Nation (1915), ein Zwölfakter über den Amerikanischen Bürgerkrieg. Mit diesem Meisterwerk wurde der Film in den USA
endgültig zu einer eigenständigen Kunstform. Die Geburt einer Nation besitzt eine innere Spannung, die das Publikum im Sturm eroberte. Kampfszenen mischen sich in
hervorragender Weise mit dem Pathos menschlichen Schicksals. Noch eindrucksvoller ist Griffith' späterer Film Intolerance (1916), der noch heute zu den besten Filmen
aller Zeiten gerechnet wird. In einem aufwendigen historischen Filmschauspiel werden vier Geschichten aus verschiedenen Epochen mit kühner und virtuoser Schnittführung
gleichzeitig erzählt.
Zwischen 1915 und 1920 entstanden überall in den USA prunkvolle Filmpaläste. Die Filmindustrie zog allmählich aus dem Osten der USA nach Hollywood, wo unabhängige
Produzenten wie Thomas Harper Ince, Cecil B. DeMille und Mack Sennett ihre eigenen Studios aufbauten. Ince führte das System der Produktionsteams ein, durch das die
Filmproduktion dezentralisiert wurde. So konnten mehrere Filme gleichzeitig unter der Aufsicht von Teamleitern gedreht werden, die nur einem Studioleiter unterstellt
waren. Die wachsende Nachfrage der Filmtheater führte zu Hunderten von Filmproduktionen im Jahr. Sie bestanden zum größten Teil aus Western, Slapstick-Komödien und
stilvollen romantischen Melodramen wie de Milles Male and Female (1919) mit Gloria Swanson.

4.1

Die Stummfilmkomödie

Mack Sennett, der als König der Komödie bekannt wurde, brachte in einer Reihe abenteuerlich phantasievoller Filme mit den beliebten Keystone Kops den Slapstick auf die
Leinwand. Sennetts Komödienstil, der Elemente des Varietés, des Zirkus, des Comicstrips und der Pantomime in sich vereinigte, war rundherum neu. Sennett war ein
Meister des Timings und besaß die Gabe, eine kreative Atmosphäre für seine Schauspieler zu schaffen, darunter Fatty Arbuckle und ein britischer Komiker namens Charlie
Chaplin.
Chaplin war ein genialer Komiker, der die Zuschauer in seinen Bann zog und jeden Film zum Kassenerfolg machen konnte. Er war der erste echte internationale Filmstar
und schon zu Lebzeiten eine Legende. In der vom Publikum idolisierten Figur des ,,Tramp" (1915) kombinierte Chaplin in gekonnter Weise Komödie, Satire, Pathos und
Menschlichkeit, ähnlich wie in Lachen verboten (1917), The Kid (1921) und Goldrausch (1925). Bis weit in die Zeit des Tonfilmes arbeitete Chaplin als Produzent, Regisseur
und Darsteller in seinen eigenen Filmen, von denen besonders Der große Diktator (1940), Monsieur Verdoux (1947) und Limelight (1952) erfolgreich waren. Zusammen mit
D. W. Griffith und den Stars Mary Pickford und Douglas Fairbanks gründete Chaplin 1919 die United Artists Corporation und leitete in den USA das Star-System ein sowie die
goldene Zeit des Stummfilmes.

4.2

Der europäische Stummfilm

In Europa war die Entwicklung des Stummfilmes national völlig unterschiedlich. In England, Italien und Skandinavien ging aufgrund steigender Kosten und mangelnder
Konkurrenzfähigkeit auf dem wachsenden Weltmarkt die Zahl der Filmproduktionen nach Ende des 1. Weltkrieges drastisch zurück. In Deutschland, der Sowjetunion und
Frankreich erlangte der Film hingegen neue künstlerische Qualitäten, die nachhaltig die Entwicklung des Genres prägen sollten.

4.2.1

Deutschland

Eindrucksvoll und innovativ war der Stummfilm in Deutschland, der hier stark von der Kunst des Expressionismus und den damaligen Techniken des Theaters geprägt wurde
und zu einer bis heute beeindruckenden Bildersprache fand (siehe Expressionismus). Das berühmteste Beispiel expressionistischer Filmkunst aus dieser Zeit ist Das Cabinet
des Dr. Caligari (1919) von Robert Wiene, der besonders durch die Ausstattung und die darstellerische Leistung hervorstach. Eigenwillige, auf die Schwarzweißoptik
abgestellte Kostüme und Kulissen in verfremdeter Geometrie reflektieren suggestiv die Erlebniswelt eines Wahnsinnigen. Zum phantastischen Genre gehören auch Filme wie
Der Golem (1914) von Paul Wegener und Henrik Galeen sowie der Vampirfilm Nosferatu (1922) von F. W. Murnau. Fritz Langs Sciencefiction-Monumentalfilm Metropolis
(1926) hingegen entwirft das Szenario einer totalitären, technisch hoch entwickelten Zukunftsgesellschaft. Dieser Film war tricktechnisch eine Sensation, wie überhaupt
Mitte der zwanziger Jahre der deutsche Film technisch jeder Konkurrenz überlegen war. Die Künstler und Regisseure erhielten fast grenzenlose Unterstützung durch den
Staat, der die Berliner Universum-Film-Aktiengesellschaft (UFA) finanzierte, die größten und bestausgestatteten Studios der Welt. Hier entstand der Typus der
,,Straßenfilme", die das ,,Zille-Milljöh" des Lumpenproletariats in expressionistischem Stil auf die Leinwand brachten, so Gerhard Lamprechts Die Verrufenen oder Bruno
Rahns Dirnentragödie, in der der Stummfilmstar Asta Nielsen mitwirkte. Die deutschen Filme jener Periode sind Musterbeispiele für den Fortschritt im effektiven Einsatz von
Beleuchtung, Ausstattung und Kameraführung. Die deutschen Regisseure befreiten die Kamera vom Stativ und stellten sie auf Räder. Dadurch erreichten sie ein Höchstmaß
an Beweglichkeit und Eleganz. Filme wie Murnaus Der letzte Mann (1924) mit Emil Jannings und Die freudlose Gasse (1925) von G. W. Pabst, in dem die Schwedin Greta
Garbo spielte, fanden aufgrund ihrer Emotionalität und ihrer technischen Neuerungen internationale Anerkennung. Neue Akzente setzte auch der bereits auf die Neue
Sachlichkeit verweisende Dokumentarfilm, wie Walter Ruttmanns Stadtporträt Berlin - Die Sinfonie der Großstadt (1927) oder Alex Strassers Berlin von unten. Als große
Persönlichkeiten des deutschen Filmes in den zwanziger und dreißiger Jahren nach Amerika auswanderten, darunter die Regisseure Murnau und Lang und der Filmkritiker
Siegfried Kracauer, endete die bedeutendste Epoche des deutschen Filmes.

4.2.2

Sowjetunion

In der Sowjetunion erschien zwischen 1925 und 1930 ein Zyklus berühmter Filme, die in Thema und Struktur revolutionär waren und enorme visuelle Ausdruckskraft
besaßen. Die sowjetische Filmindustrie wurde 1919 verstaatlicht und dem Volkskommissariat für Propaganda und Erziehung unterstellt. Im selben Jahr wurde in Moskau die
erste Filmhochschule der Welt gegründet. Die Filme dieser Zeit stellen die jüngere sowjetische Geschichte so kraftvoll und ideenreich dar, dass ihre häufig propagandistische
Färbung ihre Qualität nicht einschränkt. Die beiden berühmtesten Regisseure der Sowjetunion, Sergej Eisenstein und Wsewolod Pudowkin, waren direkt von Griffith'

Intolerance beeinflusst und erzielten durch die Dynamik des Schnittes überraschende Effekte. Sie perfektionierten die Technik der Montage, bei der Bildsequenzen in
schneller Abfolge an- und ineinandergefügt werden, um dem Betrachter einen bestimmten Eindruck aufzuzwingen.
Auf spektakulärste Weise wurde diese Technik wohl in Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (1925) eingesetzt, in dem die Besatzung eines Schlachtschiffes der russischen
Marine im Hafen von Odessa meutert und mit Unterstützung der Stadtbevölkerung die Revolution von 1905 in Gang setzt. Die berühmte ,,Treppenszene" des Filmes bildet
den Höhepunkt einer Angriffsaktion der Soldaten, die in einer raschen Abfolge von Einzelbildern gezeigt wird. Sie zeigt einen außer Kontrolle geratenen Kinderwagen, der
eine riesige Freitreppe hinunterrollt, eine ältere Frau, die erschossen wird, und Soldaten, die die Menschenmenge mit Bajonetten im Anschlag vor sich hertreiben.
Pudowkins Das Ende von St. Petersburg (1927) und Eisensteins Oktoberrevolution (1928) feiern den zehnten Jahrestag der Machtergreifung der Bolschewiki aus
unterschiedlichen Blickwinkeln. Pudowkin stellt die Einzelperson als Held in den Vordergrund, als Personifizierung der Massen. Für Eisenstein sind die Massen selbst der
Held. Beide Filmemacher waren hervorragende Autoren und Filmtheoretiker, die sowohl ihre eigenen als auch fremde Werke analysierten und so die Filmkritik beeinflussten,
die sich zusehends als eigenes Genre der Kritik auf der ganzen Welt etablierte. Auf dem Gebiet des Dokumentarfilms machte sich Dsiga Wertow einen Namen.

4.2.3

Frankreich

In Frankreich arbeitete eine Gruppe recht unterschiedlicher Künstler in kleinen, jeweils für einen Film gemieteten Studios und drehte dort in großer künstlerischer Freiheit
sowohl avantgardistische als auch traditionelle Filme. Der Autor und Herausgeber Louis Delluc war ein leidenschaftlicher Verfechter des französischen Filmes und sammelte
um sich Filmemacher wie Abel Gance, René Clair, Jean Epstein und Germaine Dulac. Diese Gruppe hatte den größten Anteil am Wiederaufleben des französischen Kinos.
Dellucs Fièvre (1922) ist ein impressionistisches Porträt des Lebens in der Unterschicht. René Clairs Der Florentiner Hut (1927) ist eine mit Verve inszenierte Komödie nach
einer bekannten Farce des 19. Jahrhunderts. Gance' Napoléon (1927) war ein epischer und experimenteller Vorläufer der Breitwandtechnik: Das Bild wurde parallel mit drei
Kameras aufgenommen und nebeneinander auf drei Leinwände projiziert, zeitweise in 32 Einzelbilder aufgeteilt. Ein Höhepunkt der frühen europäischen Filmavantgarde sind
Ein andalusischer Hund (1928) und Das goldene Zeitalter (1930) von Luis Buñuel und Salvador Dalí, die den Surrealismus mit kühnen Metaphern und einer provokativen
Bildersprache auf die Leinwand brachten und bei der Uraufführung für einen Eklat sorgten. Die Szene aus Ein andalusischer Hund, in der bildschirmfüllend einer Frau mit
dem Rasiermesser ein Auge durchschnitten wird, zählt zu den berühmtesten der ganzen Filmgeschichte.
Als eine der überzeugendsten französischen Produktionen der zwanziger Jahre gilt Die Passion der Jungfrau von Orléans (1928) des dänischen Regisseurs Carl Theodor
Dreyer, dessen Schauspieler und Aufnahmeteam aus mehreren Ländern kamen. Dreyer führte die besten Elemente der skandinavischen, deutschen und sowjetischen
Filmschulen zu einem eigenen, eleganten und flüssigen Stil zusammen, bei dem Form und Inhalt auf so hervorragende Weise zu einer Einheit verschmelzen, dass sie
seinem Stoff fast opernhaftes Gepräge verliehen. Die Darstellung der Johanna durch Maria Falconetti gilt als Sternstunde der Schauspielkunst der Stummfilmzeit. Murnaus
amerikanische Produktion Sunrise (1927) ist ein abschließender Höhepunkt des künstlerischen Stummfilmes. Er ist akustisch noch auf Musik und Geräusche beschränkt und
enthält noch Zwischentitel statt gesprochener Dialoge, markiert aber bereits den Übergang zur Ära des Tonfilmes.

4.3

Der späte Stummfilm

Nach dem 1. Weltkrieg entwickelte sich die Filmproduktion zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig der USA, der erfolgreichen Produzenten Millionen von Dollar einbrachte.
Amerikanische Filme wurden internationaler und beherrschten den Weltmarkt. Die Studios holten die erfolgreichsten europäischen Filmemacher und Schauspieler nach
Hollywood, wo man ihre Techniken übernahm und anpasste. Das Star-System hatte seine Blütezeit. Zuschauermagneten waren Rudolph Valentino, John Barrymore, Greta
Garbo, Clara Bow und Norma Shearer. Zu dieser Zeit unternahm man auch einen Versuch, die Einhaltung moralischer Verhaltenskonventionen im Film zu kontrollieren.
Dazu richtete die Filmindustrie den ,,Hollywood Production Code" ein (1930), der von dem Politiker Will H. Hays beaufsichtigt wurde. Organe der staatlichen Filmzensur gab
es in den USA in der einen oder anderen Form bis 1968.
In den zwanziger Jahren bekamen amerikanische Filme langsam einen eleganten und flüssigen Stil, in dem sich das gesamte Wissen des Filmemachens vereinigte.
Imposante, romantische Western, wie John Fords Das eiserne Pferd (1924), machten die Wirtschaftlichkeit und das handwerkliche Können deutlich, wodurch sich die Arbeit
herausragender amerikanischer Regisseure wie Frank Capra, William Wyler und George Stevens auszeichnete. Cecil B. DeMille verbarg zwar die Frivolität seiner frühen
erotischen Komödien, z. B. The Affairs of Anatol (1921), hinter der biblischen Fassade von Monumentalfilmen wie Die zehn Gebote (1923) und König der Könige (1927),
doch fügte er bei jeder Gelegenheit Orgien und Badeszenen ein.
Die beliebtesten Regisseure der Zeit, Ernst Lubitsch und Erich von Stroheim, machten beide perfekte Filme, unterschieden sich jedoch in ihrer Ausdrucksform auf der
Leinwand deutlich voneinander. Lubitsch gab die großen Filme, die er in Deutschland gedreht hatte, zugunsten leichter, romantischer Komödien auf. Sie waren
gekennzeichnet durch einfache Ausstattung, eleganten Einsatz der Technik und den Charme, den Lubitsch ihnen verlieh, den so genannten ,,Lubitsch-Touch". In Filmen wie
The Marriage Circle (1924) und So This Is Paris (1926) ging Lubitsch so geschickt mit erotischen Themen um, dass sie von der Zensur verschont blieben, ohne ihren Reiz
einzubüßen. Die Werke von Stroheims, härter und im Ausdruck europäischer als die Lubitschs, sind ausschweifend und manchmal nachdenklich, wie in Närrische Weiber
(1921), das die Unschuld Amerikas der Dekadenz Europas gegenüberstellt. Sein Meisterwerk über die Raffsucht in der amerikanischen Gesellschaft, Gier (1924), kürzten die
Verantwortlichen des Studios von zehn auf zwei Stunden. Der Großteil des herausgeschnittenen Materials ist verloren gegangen, doch selbst in seiner gekürzten Fassung gilt
der Film als einer der Höhepunkte des Realismus im Kino.
Für die Filmkomödie waren die zwanziger Jahre ein goldenes Zeitalter. Die Hauptvertreter der Gattung waren neben Charlie Chaplin Harold Lloyd und Buster Keaton, die
direkt aus der Slapstick-Tradition der Einakter kamen. In den zwanziger Jahren erhielt jeder dieser Komiker genügend Zeit und finanzielle Unterstützung, um seine eigene,
unverwechselbare Figur zu entwickeln. Keaton lächelte niemals. Diesem Markenzeichen stand seine große körperliche Geschicklichkeit gegenüber, mit der er in Filmen wie
Sherlock Junior (1924) schwierige Situationen bewältigte. Harold Lloyd war ein wagemutiger Komiker, der in Filmen wie Der Sportstudent (1925) den naiven, typisch
amerikanischen Jungen spielte, der häufig in der Rolle des Schwächlings seine Männlichkeit beweisen musste.
Der amerikanische dokumentarische Stummfilm war weit weniger experimentierfreudig als z. B. der deutsche, brachte aber in Robert Flaherty einen Meister der Sparte
hervor. Seine Studie über das Leben der Eskimos, Nanuk der Eskimo (1922), besitzt die Vertrautheit mit dem Objekt und die persönliche Nähe, die früheren Versuchen
fehlten. Obwohl Flahertys nächste Arbeiten, besonders Moana (1926) und Man of Aran (1934), als zu wenig authentisch kritisiert wurden, erweckte er neues Interesse für
den Dokumentarfilm, der später in England seinen Höhepunkt erreichte.

5

DER TONFILM

Im Jahr 1926 stellte das Warner Brothers Studio die ersten Tonfilme vor. Sie waren mit dem Vitaphone-Verfahren erstellt, bei dem Musik und Sprache auf große
Schallplatten aufgenommen und danach mit der Handlung auf der Leinwand synchronisiert wurden. 1927 brachten Warner Brothers ihren ersten Film im Nadeltonverfahren
heraus, The Jazz Singer, in dem der amerikanische Unterhaltungskünstler Al Jolson mitspielte. Tonfilme wurden von Anfang an vom Publikum mit Begeisterung
aufgenommen. Jolsons Satz ,,You ain't heard nothing yet!" (,,Ihr habt noch gar nichts gehört!") aus The Jazz Singer markierte das Ende der Stummfilmzeit. 1931 wurde das
Vitaphone-Verfahren durch das handlichere, leicht anzuwendende Movietone-System ersetzt, bei dem der Ton direkt auf den Filmstreifen auf einer eigenen Spur neben dem
Bild aufgezeichnet wurde. Durch dieses Standardverfahren, das der amerikanische Erfinder Lee De Forest entwickelte, verbreitete sich der Tonfilm fast über Nacht auf der
ganzen Welt.

5.1

Frühe Tonfilme

Der Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm vollzog sich so rasch, dass vielen Filmen, die 1928 und 1929 als Stummfilme in Produktion gegangen waren, kurzfristig Ton
hinzugefügt wurde, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Kinobesitzer rüsteten ihre technische Ausrüstung in kurzer Zeit für den Tonfilm um. In den ersten
Filmen dieser Art wurde der Ton nur wegen des Reizes der Neuheit verwendet. Man produzierte aufwendige Literaturverfilmungen, in die man bei jeder Gelegenheit
exotische Toneffekte einfügte. Die Zuschauer waren der monotonen Dialoge und der statischen Einstellungen, die dadurch entstanden, dass sich die Schauspieler um ein
feststehendes Mikrophon aufstellen mussten, bald überdrüssig.
Diese Probleme wurden erst Anfang der dreißiger Jahre von Regisseuren gelöst, die den Ton kreativ einsetzten. Sie verzichteten auf Mikrophone, erreichten dadurch wieder
eine flexible Kameraführung und nutzten den Vorteil der Nachsynchronisation, die zudem eine detailliertere Bearbeitung des musikalischen und dialogischen Materials
ermöglichte. In den USA drehten Lubitsch und King Vidor lange Sequenzen und fügten den Ton erst später zur Untermalung der Handlung hinzu. Lubitsch wollte in
Liebesparade (1929) bewusst das Publikum mit der Musik verzaubern, Vidor setzte den Ton atmosphärisch ein, um in dem Musikdrama des Südens Hallelujah! (1929) eine
natürliche Stimmung zu erzeugen. Die Regisseure lernten die Erzeugung akustischer Effekte durch unsichtbare Tonquellen und erkannten, dass der Zuschauer eine Uhr nicht
sehen muss, wenn er sie ticken hört.
Drehbuchautoren wie Ben Hecht, Dudley Nichols und Robert Riskin begannen eigene Dialogmuster für den Film zu entwickeln. Sie enthielten nur das Wesentliche und
unterstützten dynamisch den Fortgang der Handlung. Die schnelle Zeitungssprache, in der Hecht für The Front Page (1931) schrieb (Regie: Lewis Milestone), steht in
starkem Kontrast zu den witzigen Texten, die er sich für Lubitschs Serenade zu dritt (1933) ausdachte. Nichols zeichnete sich durch klare, geradlinige Dialoge für Filme wie
John Fords Maria von Schottland (1936) aus. Riskin wurde berühmt durch die Erfindung bekannter Charaktere in den Filmen Frank Capras, z. B. in Es geschah in einer Nacht
(1934) mit Claudette Colbert und Clark Gable.

5.2

Gangster- und Musical-Filme

In den frühen dreißiger Jahren beherrschten Kriminalfilme und Musicals die Leinwand. Der sehr erfolgreiche Little Caesar (1930) machte Edward G. Robinson zum Star und
war der erste einer Reihe von Gewalt geprägter Filme, die sich mit dem Amerika der Depression und der Prohibition auseinandersetzten. Filme wie Public Enemy (1931) und
Scarface (1932) von Howard Hawks brachten ebenso Tempo, Energie und Realismus auf die Leinwand wie die Musicals und Komödien, die eine nonkonformistische
Lebenseinstellung repräsentierten. Nach Warner Brothers' überaus erfolgreichem Musical 42nd Street (1933) drehte man viele aufwendige Tanzfilme, zu denen Busby
Berkley hervorragende Choreographien schrieb. Schließlich folgten die legendären Sing- und Tanzfilme mit Fred Astaire und Ginger Rogers, die ihr Publikum in Top Hat
(1935) und Swing Time (1936) verzauberten. Beliebte Komiker wie W. C. Fields, die Marx Brothers, Mae West sowie Stan Laurel und Oliver Hardy schufen alle ihre eigene
Art von Komik, mit der sich ihre Zuschauer identifizieren konnten. Die Gewalt und die sexuellen Anspielungen in den frühen Kriminalfilmen und Musikkomödien
verschwanden zum großen Teil durch den Einfluss der Catholic Legion of Decency und durch die Verschärfung der Zensurgesetze im Jahr 1934.

5.3

Die Welt der Stars

Die meisten amerikanischen Regisseure der dreißiger Jahre konzentrierten sich darauf, bekannten Stars wie Katharine Hepburn, Bette Davis, Humphrey Bogart, Joan
Crawford und Clark Gable eine Spielwiese zu liefern. Die Stars wurden in der Öffentlichkeit oft so dargestellt, als sei ihr wirkliches Leben eine Fortführung der Rollen, die sie
in den Filmen spielten. Das beliebte Metier der Romanverfilmung erreichte in den späten dreißiger Jahren mit sehr aufwendigen Produktionen seinen Höhepunkt mit Flucht
aus Paris (1935) nach einem Roman von Charles Dickens, Die gute Erde (1937), Stürmische Höhen (1939) und einem Klassiker der Filmgeschichte, Victor Flemings Vom
Winde verweht (1939).

5.4

Der phantastische Film

Der Trend zu märchenhaften und phantastischen Filmen war während der gesamten dreißiger Jahre stark ausgeprägt. Die Universal Studios brachten eine Reihe klassischer
Horrorfilme heraus, darunter Dracula (1931), Frankenstein (1931) und Die Mumie (1932). Während des ganzen Jahrzehnts belebten die aus dem Schauerroman vertrauten
Geschöpfe der Finsternis und artverwandte Neuschöpfungen wie der Riesenaffe King Kong (1933) die Leinwand. Einer der herausragenden Filme dieser Zeit ist das
musikalische Märchen Der Zauberer von Oz (1939) nach dem Buch von L. Frank Baum. Darin spielte die junge Judy Garland, die zur bedeutendsten Musical-Darstellerin der
vierziger Jahre wurde.

5.5

Der künstlerische Film

In den dreißiger Jahren entstand eine ganze Reihe künstlerisch hochrangiger Hollywood-Produktionen. Oft standen hier aus Europa emigrierte Regisseure Pate, wie der
Deutsche Josef von Sternberg mit der Heinrich-Mann-Verfilmung Der blaue Engel (1930), in dem zum ersten Mal Marlene Dietrich auftrat, oder Jean Renoir mit Die große
Illusion (1937), einem der großen Antikriegsfilme der Geschichte. Ein amerikanischer Filmemacher, der 1940 vom Radio nach Hollywood kam, war der Autor, Regisseur und
Schauspieler Orson Welles. Seine Experimente mit neuen Kameraperspektiven und Toneffekten erweiterten die Ausdrucksmöglichkeiten des Tonfilmes immens. Obwohl er
sich nur schwer der in Hollywood gängigen Arbeitsweise anpassen konnte und oft nicht in der Lage war, finanzielle Unterstützung für seine Projekte zu finden, haben Filme
wie Citizen Kane (1941) und Der Glanz des Hauses Amberson (1942) die spätere Arbeit praktisch aller bedeutenden Filmemacher der Welt beeinflusst.

5.6

Entwicklungen in Europa

In Europa stockte die Filmproduktion im 2. Weltkrieg, abgesehen vom nationalsozialistischen Deutschland, das mit einer gleichgeschalteten Filmindustrie eine große Zahl an
Unterhaltungsfilmen mit Publikumslieblingen wie Hans Albers und Heinz Rühmann schuf. Außerdem entstanden pseudodokumentarische Propagandafilme wie Triumph des
Willens von Leni Riefenstahl (1935), eine Glorifizierung der NSDAP, oder von derselben Regisseurin Fest der Völker (1936) und Fest der Schönheit (1938) über die
Olympischen Spiele 1936 in Berlin.
Im sowjetischen Film setzte man Opern und Ballette um, die jedoch häufig statisch und zu ausschweifend produziert waren. Ausnahmen bildeten zwei hervorragend
geschnittene, visuell herausfordernde Filme von Sergej Eisenstein, Alexander Newsky (1938) und der Zweiteiler Iwan der Schreckliche (1944-1946).
In Frankreich blieb das Kino auch in dieser Zeit wandlungsreicher und weltoffener. So fand Jean Renoir mit seinen Filmen weiterhin internationale Anerkennung, und der
junge Jean Gabin stieg zum gefeierten Star auf. Die poetischen Werke Jean Vigos, z. B. Betragen ungenügend (1933) und Atalante (1934), zeichneten sich durch eine
expressive Bildersprache aus. Trotz der chaotischen Verhältnisse in der französischen Filmindustrie während und nach dem Krieg traten äußerst eigenständige Filmemacher
in Erscheinung. Selbst unter den schwierigen Bedingungen der deutschen Besatzung brachte Marcel Carné ein Meisterwerk heraus, Kinder des Olymp (1945). Es war eine
hoch artifizielle, dramatische Allegorie von Liebe und Tod mit Jean Louis Barrault in der Hauptrolle.

6

DER FARBFILM

Erste Versuche mit Farbfilmen hatte man schon 1906 durchgeführt. Danach verwendete man Farbe gelegentlich wegen ihres Neuheitswertes, doch führte der Großteil der
entwickelten Verfahren, darunter das frühe zweifarbige Technicolorsystem, zu enttäuschenden Ergebnissen. 1933 war Technicolor als Dreifarbsystem für den kommerziellen
Einsatz ausgereift. Es fand zum ersten Mal 1935 Verwendung in dem Film Becky Sharp, einer Bearbeitung des Romanklassikers Vanity Fair von William Makepeace
Thackeray. Auf dem nun erreichten Qualitätsstandard gewann die Farbe an Beliebtheit und wurde in den vierziger Jahren zunehmend eingesetzt, darunter in einer Reihe

klassischer Musicals von Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) wie Heimweh nach St. Louis (1944) und Easter Parade (1948). In den fünfziger Jahren übertraf die Anzahl der
Farbfilme bereits fast die der Schwarzweißproduktionen. So genannte kleine Filme, die einen stillen Realismus auszudrücken suchten - z. B. Delbert Manns Marty (1955)
über die Lebensziele eines Metzgers aus der Bronx und Otto Premingers Der Mann mit dem goldenen Arm (1955) über Drogensucht - waren in Schwarzweiß gedreht. In den
sechziger Jahren war es jedoch schon sehr außergewöhnlich, dass Alfred Hitchcock Psycho (1960) in Schwarzweiß filmte. Das gleiche gilt für Peter Bogdanovichs Die letzte
Vorstellung (1971). Beispiele für Filme aus jüngerer Zeit, die eine Rückkehr zum kreativen Einsatz des Schwarzweiß darstellten, sind Der Elefantenmensch (1980) von David
Lynch, Wie ein wilder Stier (1980) von Martin Scorsese, Tote tragen keine Karos (1982) von Carl Reiner und Manhattan (1979) von Woody Allen.

7

DER FILM NACH DEM 2. WELTKRIEG

Nach dem 2. Weltkrieg bekam das Kino Konkurrenz durch das aufkommende Fernsehen. Um das Geschäft wieder zu beleben, versuchten die Produzenten den greifbarsten
Vorzug gegenüber dem Fernsehen auszureizen: die Attraktivität der großen Leinwand.

7.1

Die Breitwand

1953 brachte das Twentieth Century-Fox Studio sein Bibelepos Das Gewand heraus. Es war in dem neuen Cinemascope-Verfahren erstellt, das in der Filmindustrie eine
Breitwandrevolution auslöste. In schneller Folge entwickelten die Studios mehrere Breitwandverfahren wie VistaVision, Todd-AO, Panavision, SuperScope und Technirama.
Letzten Endes überlebten nur Todd-AO und Panavision. Da man für sie nur eine Kamera, einen Projektor und standardformatigen Film benötigte, war die Handhabung im
Gegensatz zu anderen Systemen weniger problematisch. Durch ihren Erfolg änderten sich für die Zukunft die Abmessungen der Kinoleinwand. Die Hauptattraktionen des
amerikanischen Kinos wurden farbige Breitwandmusicals mit Starbesetzungen wie Ein Stern geht auf (1954) und Oklahoma! (1955), Historienfilme und Bibelepen wie Ben
Hur (1959) oder Cleopatra (1962) und Abenteuerfilme wie Meuterei auf der Bounty (1962) oder Lawrence von Arabien (1962). Einer der größten Kassenschlager der
sechziger Jahre war die Verfilmung von Boris Pasternaks Roman Doktor Schiwago (1965).

7.2

3-D-Filme

In den frühen fünfziger Jahren kam für kurze Zeit eine technische Innovation auf, die man 3-D (für dreidimensional) nennt. Dabei wird dieselbe Szene von zwei Kameras
aus leicht unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen. Mit Hilfe polarisierter Brillen können die Zuschauer mit einem Auge jeweils nur ein Bild sehen, wodurch ein
dreidimensionaler Effekt erzielt wird. Doch die Filme konnten sich beim Publikum nicht durchsetzen; Inhalt und Bildqualität dieser Filme waren zu dürftig bzw. zu einseitig
auf die Effekte abgestellt, wie z. B. Das Wachsfigurenkabinett (1953), und gerieten bald wieder außer Mode.

7.3

Der Niedergang des Studiosystems

Trotz des Erfolgs von Breitwandmonumentalfilmen schwanden Popularität und Einfluss Hollywoods während der fünfziger und sechziger Jahre beständig. In
Kartellrechtsverfahren wurden große Studios gezwungen, ihre angeschlossenen Kinos und andere Beteiligungen abzustoßen. Es entwickelte sich ein offener
Wettbewerbsmarkt für den Filmverleih, und das Star-System, bei dem die Studios Millionen von Dollars ausgegeben hatten, um ihre Darsteller an sich zu binden, ging zu
Ende. Die Schauspieler, die bei ihrer Arbeit nun nicht mehr von den Studios abhängig waren, verlangten enorm hohe Gagen und einen Anteil der Einspielsummen ihrer
Filme. 1959 war die Jahresproduktion in den USA mit 250 Filmen auf die Hälfte des Standes während der Kriegsjahre gefallen. Stattdessen gelangten europäische und
asiatische Filme, deren Vorführung einmal auf ein künstlerisch interessiertes Publikum beschränkt war, in großer Zahl in die amerikanischen Kinos. Einen wesentlichen
Anstoß zur Internationalisierung des Filmes und zur Popularisierung des anspruchsvollen Kinos leisteten die nach dem Krieg sich weltweit etablierenden Filmfestspiele mit
Preisverleihungen, die vielen Regisseuren eine Chance boten, ihre Werke erstmals außerhalb der eigenen Landesgrenzen einem internationalen Publikum zu präsentieren
(Cannes 1946, Locarno 1946, Berlin 1951, u. a.). Diese Möglichkeit hatte bislang nur in Venedig (gegr. 1932) bestanden.

7.4

Die vierziger und fünfziger Jahre

In den späten vierziger Jahren entwickelte sich in Italien die Schule des Neorealismus, die viele renommierte Regisseure wie Roberto Rossellini und Vittorio de Sica
hervorbrachte. Ihr Stil zeichnete sich aus durch eine ausgeprägt realistische und kritische Darstellung des Alltagslebens der einfachen Leute, wobei häufig Laienschauspieler
eingesetzt wurden. Der Neorealismus begann mit Roberto Rossellinis Rom, offene Stadt (1945), in dem die Besetzung Roms durch deutsche Truppen im 2. Weltkrieg und
der Widerstand der Einwohner mit einer für das Kino neuen Direktheit und Gefühlstiefe dargestellt werden. Die Filme des Schauspielers und Regisseurs Vittorio De Sica,
besonders Die Fahrraddiebe (1948), der ausschließlich in den Straßen Mailands gedreht wurde, fingen die harte soziale Wirklichkeit im Nachkriegsitalien ein. Verschiedene
Filmemacher des Neorealismus erregten später durch ihren eigenwilligen Stil ein weltweites Echo und prägten den Film der zweiten Jahrhunderthälfte entscheidend mit. So
steht Federico Fellinis Das Lied der Straße (1954), eine realistische Studie über Zirkusartisten und Außenseiterexistenzen, noch ganz im Zeichen des Neorealismus, während
sein Porträt der dekadenten italienischen Gesellschaft in Das süße Leben (1960) bereits in Maßen seine typische persönliche Handschrift aufweist: eine in phantastischen
Reflexionen oszillierende Welt mit den Koordinaten Sexus und Traum. Siehe italienischer Film
Der deutsche Nachkriegsfilm litt unter dem maroden Zustand der zunächst durch die Nationalsozialisten gleichgeschalteten und später im Krieg zerstörten Filmindustrie.
Thematisch herrschten die so genannten Trümmerfilme (In jenen Tagen von Helmut Käutner, 1946; Liebe 47 von Wolfgang Liebeneiner, 1949) bzw. Abrechnungen mit der
jüngsten deutschen Vergangenheit (die Zuckmayer-Verfilmung Des Teufels General von Helmut Käutner, 1955; Die Brücke von Bernhard Wicki, 1959) vor. Werke von
internationalem Rang entstanden in Deutschland erst wieder in den sechziger Jahren, in der Dekade nach dem Krieg waren in Europa England, Frankreich und Italien die
führenden Filmnationen. Siehe deutscher Film
Neben der schwarzen Komödie Lady Killers (1949) und dem Koreakriegsdrama Die Brücke am Kwai (1957) gilt Carol Reeds Graham-Greene-Verfilmung Der dritte Mann
(1949), in dem Orson Welles in der Rolle des Harry Lime brilliert, als Meisterwerk des damaligen britischen Films.
In Frankreich entstanden u. a. der poetische Klassiker Orphée (1949) von Jean Cocteau sowie Orfeo Negro (1958) von Marcel Camus. Von skurrilem Humor geprägt sind die
Filme von Jacques Tati (Schützenfest, 1947; Die Ferien des Monsieur Hulot, 1953; Mein Onkel, 1958), dessen Gespür für die Komik des Alltäglichen und die Tücken der
Wirtschaftswunderwelt auch in Deutschland starken Widerhall fanden. Siehe französischer Film
In den USA erlebte der Western eine neue Blüte; zu den bedeutendsten Regisseuren dieses Genres zählten u. a. John Ford ( Der schwarze Falke, 1956) und Anthony Mann
(Nackte Gewalt, 1952). Douglas Sirk (In den Wind geschrieben, 1956) und Vincente Minnelli (Die Verlorenen, 1955) realisierten ihre meisterlichen Melodramen. Die
Südstaatendramen von Tennessee Williams erfuhren hochkarätige Verfilmungen (Endstation Sehnsucht von Elia Kazan, 1951; Die Katze auf dem heißen Blechdach von
Richard Brooks, 1958). Hier und in weiteren Leinwandepen (Jenseits von Eden, 1955; Giganten, 1955) trat eine neue Generation internationaler Stars ins Rampenlicht:
Marlon Brando, James Dean, Marilyn Monroe, Paul Newman, Elizabeth Taylor u. a.

7.5

Die sechziger und siebziger Jahre

In den sechziger Jahren zeichnete sich eine neue Tendenz zu formalen Experimenten ab, vor allem in der französischen Nouvelle Vague (Neue Welle), die das Genre des
Autorenfilmes begründete. Beeinflusst u. a. von den Vorbildern Howard Hawks, Alfred Hitchcock und John Ford, artikulierte eine Gruppe von Nachwuchsregisseuren (Claude
Chabrol, Jean-Luc Godard, Louis Malle, Alain Resnais, François Truffaut) in der französischen Fachzeitschrift Cahiers du cinéma ihre Ansichten über den zeitgenössischen

Film und legte ihr Credo des Autorenfilmes dar: Der Regisseur ist der alleinige Autor eines Filmes, und ein Film muss, ungeachtet irgendwelcher Druckmittel oder
Einflussnahmen durch Studios oder Filmindustrie, die unverwechselbare persönliche Handschrift des Regisseurs aufweisen. Charakteristische Werke der Nouvelle Vague sind
Fahrstuhl zum Schafott (1957) von Malle, Schrei, wenn du kannst (1959) von Chabrol, Sie küssten und sie schlugen ihn (1959) von Truffaut, Außer Atem (1960) und Die
Verachtung (1963) von Godard. Truffaut, ein ehemaliger Filmkritiker und Hitchcock-Bewunderer, trat mit feinfühligen, autobiographisch gefärbten Porträts seines Filmhelden
Antoine Doinel hervor (Schießen Sie auf den Pianisten, 1960; Die süße Haut, 1964; Tisch und Bett, 1970; Liebe auf der Flucht, 1978). In diesen und anderen Filmen, wie der
überaus populär gewordenen Dreiecksgeschichte Jules und Jim (1962), befasste sich Truffaut mit dem Widerspruch von individueller Freiheit und gesellschaftlicher Norm.
Die Filme von Resnais, besonders Hiroshima, mon amour (1958) und Letztes Jahr in Marienbad (1961), sind beispielhafte Darstellungen innerer Konflikte, in denen das
Leben als Kampf zwischen emotionaler Distanz und Nähe zu den Mitmenschen dargestellt wird, wobei am Ende fast immer die Distanz die Oberhand behält. Durch
Abstraktionen sowie virtuos verfremdende Schnitttechniken schuf Resnais rätselhafte Gleichnisse über den Zusammenhang von Emotion, Zeit und Erinnerung. Der
radikalste und experimentellste der Nouvelle Vague-Vertreter ist Godard. Sein erster Spielfilm, Außer Atem (1959) mit Jean-Paul Belmondo, ist eine mitreißende Hommage
an den amerikanischen Kriminalfilm. In der Auswahl seiner Stoffe zeigte Godard große Vielfalt. Sie reichte von einer Reihe von Porträts seiner damaligen Frau, der
Schauspielerin Anna Karina (Eine verheiratete Frau, 1962), bis zur Sex- und Politsatire Masculin - Feminin oder: Die Kinder von Marx und Coca Cola (1965). Godard spielte
mit Zeit und Raum, ging frei mit der Kameraführung um und erlaubte seinen Schauspielern, selbständig zu improvisieren. Sein Film Weekend (1968) ist eine bittere Studie
über das moderne Leben, in dem die Opfer eines Autounfalls die Straßen entlanggehen und ihr Leben mit Figuren aus der Literatur- und Filmgeschichte diskutieren. Diese
tauchen aus dem Nichts auf und verbinden so Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nach Weekend wurden Godards Filme zunehmend abstrakter und damit für das breite
Publikum weniger attraktiv.
Zu einer der markantesten und provokativsten Persönlichkeiten des internationalen Filmes entwickelte sich der Spanier Luis Buñuel. Sein in Spanien verbotener Film
Viridiana (1961) erzählt die Geschichte einer jungen Novizin, die vor Ableistung ihres Eides von Landstreichern und Gotteslästerern vergewaltigt wird, und zieht Parallelen
zwischen sexuellem Fetischismus und Religion. Ähnliche Themen werden in seinen Filmen Tagebuch einer Kammerzofe (1964, mit Jeanne Moreau), Belle de Jour (1967, mit
Catherine Déneuve) und Tristana (1970) aufgegriffen. Buñuels Filme vereinen eine kritische Sicht der bürgerlichen Gesellschaft mit teils drastischer Komik und schwarzem
Humor. So bemerken in Der Würgeengel (1962) die Teilnehmer einer Abendgesellschaft, dass sie nicht in der Lage sind, vom Tisch aufzustehen, und während eines
offiziellen Abendessens in Der diskrete Charme der Bourgeoisie (1972) wird ein Vorhang hochgezogen: Die Gäste finden sich auf einer Bühne vor Publikum wieder. Buñuels
Auffassung, dass die Menschen ihre animalische Natur mit zivilisierten Verhaltensweisen nur notdürftig kaschieren, wird in seinem Werk immer wieder mit bissigem Humor
und chaotisch-absurden Situationen dargestellt. Aufgrund seiner Gegnerschaft zum Franco-Regime und seiner antiklerikalen Haltung musste Buñuel in den frühen sechziger
Jahren Spanien verlassen und lebte in Frankreich und Mexiko, wo er ebenfalls verschiedene Filme drehte.
Einer der meistdiskutierten Filmemacher der sechziger Jahre, Michelangelo Antonioni, kam aus der Bewegung des Neorealismus. Antonionis Die mit der Liebe spielen (1959)
und Die rote Wüste (1963) sind düstere, lakonische Studien über verlorene Menschen in einer komplexen modernen Welt. 1966 produzierte Antonioni in England seinen
kommerziellsten Film Blow-Up, ein eigenwillig-poetisches Kriminalspiel mit David Hemmings in der Hauptrolle. Blow-Up avancierte zu einem Kultfilm der jungen Generation
dieser Epoche. Antonionis Film Die rote Wüste und Fellinis Julia und die Geister (1965) sind Beispiele für einen innovativen Einsatz der Farbe bei Regisseuren, die bisher
weitgehend in Schwarzweiß arbeiteten. Italienische Filmemacher zeichneten sich auch weiterhin durch ein starkes soziales und politisches Bewusstsein aus. Dies wird
sichtbar in den Filmen Pier Paolo Pasolinis (Mamma Roma, 1962; Edipo Re - das Bett der Gewalt, 1967, Teorema - Geometrie der Liebe, 1968) und Bernardo Bertoluccis
Der letzte Tango in Paris (1972) und 1900 (1975/76) sowie in Lina Wertmüllers anarchistisch-poetischen Tragikomödien Liebe und Anarchie (1973) und Die sieben
Schönheiten (1975).
Einer der eigenständigsten und schöpferischsten Regisseure der Nachkriegszeit ist der Schwede Ingmar Bergman. Seine Filme sind existentialphilosophische Kammerspiele,
die um Isolation, sexuelle Konflikte und religiöse Besessenheit kreisen. Sie machten Bergman zur einflussreichsten Persönlichkeit des schwedischen Filmes und zu einem
der bedeutendsten Autoren und Regisseure der Filmgeschichte. Das siebte Siegel (1956) erforscht die Mysterien des Lebens und seines Sittengesetzes aus der Perspektive
eines mittelalterlichen Ritters, der eine Partie Schach mit dem Tod spielt. Sein Film Wilde Erdbeeren (1957) enthält eine Reihe kunstvoller poetischer Rückblenden auf das
Leben eines alternden, von dem schwedischen Filmemacher Victor Sjöström souverän gespielten Professors. In einer Reihe von Filmen, in der komplexe, scharf konturierte
Figuren auf der Suche nach Liebe und dem Sinn des Lebens sind, durchleuchtet Bergman meisterhaft die Konditionen der menschlichen Existenz. Der wohl berühmteste,
damals durch seine sexuelle Freizügigkeit skandalöse Film ist Das Schweigen (1963), gefolgt von Persona (1966), Schreie und Flüstern (1972), Szenen einer Ehe (1973)
und Herbstsonate (1978). In seiner Karriere hat Bergman über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten in fast ununterbrochener Folge cineastische Meisterwerke
geschaffen, die einen Markstein in der Geschichte des Filmes darstellen.

7.6

Der neue deutsche Film

Mitte der siebziger Jahre formierte sich in Deutschland eine Gruppe von Filmemachern, denen eine kritische Haltung gegenüber den Lebensgewohnheiten im modernen
Deutschland und eine rigorose Ablehnung des selbstzufriedenen bürgerlichen Materialismus gemein war. Werner Herzogs Filme kreisen meist um Außenseiter, spielen oft in
einer eindrucksvollen exotischen Szenerie und wurden häufig unter gefährlichen oder schwierigen Bedingungen gedreht. Sein bekanntester Film, Aguirre, der Zorn Gottes
(1972), erzählt von einer spanischen Expedition im 16. Jahrhundert in den peruanischen Dschungel. Wim Wenders beschäftigte sich in Filmen wie Im Lauf der Zeit (1975),
Der amerikanische Freund (1976), Paris, Texas (1984) und Der Himmel über Berlin (1987) mit Themen der Entfremdung und Selbstfindung. Viele dieser Filme lassen auch
eine Faszination am ,,American way of life" erkennen, andere wie Der Stand der Dinge (1982) und Lisbon Story (1995) reflektieren die Prinzipien der Filmkunst und den
Schaffensprozess des Regisseurs.
Der produktivste und vielseitigste Filmemacher, der den deutschen Film wieder international konkurrenzfähig machte, war Rainer Werner Fassbinder. In zwölf Jahren drehte
er 41 Spielfilme. Fassbinder hatte als junger Mann radikalen Theatergruppen angehört und wollte die Kluft zwischen Autorenfilm und publikumswirksamem Film in Werken
wie Die bitteren Tränen der Petra von Kant (1972), Angst essen Seele auf (1973) und Die Ehe der Maria Braun (1978) überbrücken. Herausragend ist seine Verfilmung des
Döblin-Romans Berlin Alexanderplatz (1980). Alle seine stilistisch unverwechselbaren, jedoch überaus variantenreichen Filme sind letztlich den Themen der Entfremdung,
des Konsumdenkens, der ökonomischen Ungerechtigkeit und der politischen Unterdrückung gewidmet und so wiederum typisch für das seinerzeit in Deutschland
herrschende geistige Klima.

7.7

Neue amerikanische Filmemacher

In den sechziger Jahren betrat eine neue Generation talentierter junger Filmemacher die amerikanische Szene: Woody Allen, Francis Ford Coppola, Stanley Kubrick, Arthur
Penn und Martin Scorsese waren beeinflusst durch die aktuellen Strömungen im europäischen Film und produzierten als ,,Independants" mit wechselnden
Vertriebsgesellschaften Werke von hohem künstlerischem Rang.
Kubrick, der 1961 mit Lolita bereits ein internationales Echo bewirkt hatte, knüpfte mit der politischen Satire Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964) an
diesen Erfolg an. Seine technisch brillanten und poetischen Zukunftsfilme 2001: Odyssee im Weltraum (1968) und Uhrwerk Orange (1971) zählen längst zu den Klassikern
des Genres. Auch die atmosphärisch dichte Verfilmung von Thackerays Barry Lyndon (1975) und der Horrorfilm The Shining (1980, mit Jack Nicholson) wurden große
Erfolge. Arthur Penns Bonnie and Clyde (1967) überträgt die differenzierte Ästhetik des Kunstfilmes auf die Darstellung der Gewalt und poetisiert so den herkömmlichen
Gangsterfilm. Easy Rider (1969) von Dennis Hopper und Penns Alice's Restaurant (1969) sind geprägt von der Gegenkultur der sechziger Jahre und wurden zu Kultfilmen
der Hippie-Bewegung. Woody Allen, bereits früh als Komödienautor und Bühnenkomiker erfolgreich, prägte einen neuen Typus der psychologischen Gesellschaftssatire, die
ihr Figureninventar vorrangig aus dem Künstler- und Kleine-Leute-Milieu New Yorks bezieht und immer das besondere New-York-Feeling austrahlt, z. B. Woody, der
Unglücksrabe (1969), Bananas (1971), Was Sie schon immer über Sex wissen wollten ... (1972), Der Schläfer (1973), Der Stadtneurotiker (1977) und Manhattan (1979).

Francis Ford Coppola steht mit der beklemmenden Antikriegsparabel Apocalypse Now (1979) in einer langen Reihe amerikanischer Filme, die das Vietnam-Trauma zu
bewältigen suchen, und initiierte mit dem ersten Teil der Paten-Trilogie (1972, 1974, 1990) die Mode der märchenhaft-epischen Darstellung organisierten Verbrechens,
meist der italoamerikanischen Mafia, die Martin Scorsese mit Hexenkessel (1973) und GoodFellas (1990) fortführte, sowie der Italiener Sergio Leone mit Es war einmal in
Amerika (1982-1984). Scorsese zählt zu den facetten- und erfolgreichsten Regisseuren der USA. Sowohl der New-York-Thriller Taxi Driver (1976) als auch das
Boxermelodram Wie ein wilder Stier, beide mit Robert de Niro in den Hauptrollen, wurden weltweit Kassenschlager und Kultfilme.

7.8

Die achtziger und neunziger Jahre

Im amerikanischen Film der achtziger Jahre ist die bereits in den Siebzigern einsetzende Beliebtheit der Spezialeffekt- und Katastrophenfilme wie Die letzte Fahrt der
Poseidon (1972) oder Flammendes Inferno (1974) ungebrochen. Dasselbe gilt für Comic-Verfilmungen wie Superman (1978) und Batman (1989) und ihre Fortsetzungen
sowie die technisch enorm aufwendigen Weltraumepen wie die Enterprise-Filme und die Serie der Star-Wars-Filme. Schon das erste dieser Galaxismärchen (1977) aus der
Factory von George Lucas spielte über 200 Millionen Dollar ein. Die Fortsetzungen Das Imperium schlägt zurück (1980) und Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983) waren
gleichermaßen erfolgreich.
Auch der Regisseur Steven Spielberg versteht es meisterhaft, das Publikumsinteresse zu fesseln. Sein Film Der weiße Hai (1975) über einen Killerhai, der eine kleine
Strandgemeinde terrorisiert, wurde zum Vorbild für eine Reihe anderer Filme, in denen Furcht erregende Monster hilflose Opfer bedrohen. Die Sciencefiction-Filme
Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977) und E. T. (1982) beuten in unterschiedlicher Weise die Faszination an außerirdischen Lebensformen aus und wurden ebenso
zu Kassenschlagern wie seine Serie von Abenteuerfilmen: Jäger des verlorenen Schatzes (1981), Indiana Jones und der Tempel des Todes (1983) und Indiana Jones und
der letzte Kreuzzug (1988), die alle nach Fortsetzungsserien aus den dreißiger Jahren gedreht wurden. In jüngster Zeit konnte Spielberg mit dem Dinosaurier-Spektakel
Jurassic Park (1993) und dem spektakulären Holocaust-Drama Schindlers Liste (1993) seine beispiellose Laufbahn als Erfolgsregisseur fortsetzen. Dass neben solch gekonnt
inszenierter Massenware auch der amerikanische Autorenfilm eine Überlebenschance besitzt, beweist das Publikumsecho von Scorseses Zeit der Unschuld (1993, nach einer
Romanvorlage von Edith Wharton) oder Wayne Wangs Film Smoke (1995, mit Harvey Keitel und William Hurt) nach einer Vorlage des New Yorker Dichters Paul Auster, der
auch das Drehbuch schrieb. Zum bis dato finanziell erfolgreichsten Werk der Filmgeschichte wurde James Camerons melodramatischer Katastrophenfilm Titanic (1997), eine
opulente und authentische Verfilmung der legendären Schiffskatastrophe (siehe Untergang der Titanic).
In Frankreich geben nach wie vor ehemalige Größen der Nouvelle Vague mit den Ton an: Der sehr produktive Chabrol u. a. mit den Kriminalkammerspielen Die Fantome
des Hutmachers (1982), Die Hölle (1993) und Biester (1995), Truffaut mit Die letzte Metro (1980), Malle mit Eine Komödie im Mai (1989) und Das Verhängnis (1992).
Daneben etablierten sich neue Namen wie der poetisch-humorvolle Bertrand Tavernier ( Der Saustall, 1981; Ein Sonntag auf dem Lande, 1984) oder Léos Carax mit Die
Liebenden von Pont-Neuf (1991). Während der Italiener Fellini mit seinem Alterswerk (Ginger und Fred, 1985; Die Stimme des Mondes, 1990) kaum an das Niveau seiner
früheren Filme heranreicht, legte Ingmar Bergman mit dem autobiographisch akzentuierten Leinwandepos Fanny und Alexander (1982) nochmals ein Meisterwerk vor.
Der lange brachliegende britische Film rekonstituiert sich, vor allem auf dem Gebiet anspruchsvoller Komödien, mit einer ganzen Reihe bedeutender Regisseure, darunter
Peter Greenaway (Der Kontrakt des Zeichners, 1982; Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber, 1989; Prosperos Bücher, 1991) und Stephen Frears (Gefährliche
Liebschaften, 1989).
Die russische Filmszene befindet sich seit Beginn der Perestroika in einem tief greifenden Umwandlungsprozess und hat zur Zeit wenig internationale Resonanz, wie sie noch
Andrej Tarkowskij mit seinen enigmatischen und melancholischen Filmen sicher war ( Der Stalker, 1979; Nostalghia, 1983).
Nach dem Tod Fassbinders ist Wim Wenders der einzige Repräsentant des deutschen Autorenfilmes der siebziger Jahre geblieben, der noch eigenwillige und relativ
publikumswirksame Filme auf die Leinwand bringt (Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten, 1988/89; Bis ans Ende der Welt, 1991; In weiter Ferne, so nah!, 1993).
Fassbinders ehemaliger Kameramann, der Österreicher Xaver Schwarzenberger, ist mit einfühlsamen, ästhetisch differenzierten Erzählfilmen wie Donauwalzer (1984) und
Gewitter im Mai (1987) hervorgetreten, sowie mit der märchenhaften, leichthändig inszenierten Komödie Tafelspitz (1992). In Deutschland war der Nachwuchs in den
neunziger Jahren auf dem Gebiet der Komödie auf höherem Niveau aktiv als in den beiden Jahrzehnten zuvor, wie Doris Dörrie ( Männer, 1985; Keiner liebt mich, 1995) und
Sönke Wortmann (Der bewegte Mann, 1994; Der Campus, 1997) zeigen.

7.9

Video und Kabelfernsehen als Konkurrenz des Kinofilmes

In den achtziger Jahren ist der Videomarkt beträchtlich expandiert, nicht zuletzt, weil die Fristen zwischen Kinostart und Videofreigabe auch bei großen Filmproduktionen
immer kürzer wurden. Rechnet man die rasante Ausbreitung von Kabel- und Satellitenfernsehen hinzu, wo schon jetzt auf einer Vielzahl von Kanälen verhältnismäßig
aktuelle Filme zu sehen sind, so scheint dem Kinofilm eine ähnliche Existenzkrise bevorzustehen wie in den fünfziger Jahren, als sich die Filmgesellschaften auf
monumentale Breitwandfilme verlegten, um die Zuschauer zurück in die Kinosessel zu locken. Entsprechend geht heute der Trend weg von den Schachtelkinos der siebziger
zurück zu den Kinopalästen der fünfziger Jahre. Mit großem Aufwand werden Kino- und ,,Erlebnis"-Zentren nach amerikanischem Muster errichtet, die den Zuschauer mit
viel Komfort und ausgezeichneter Technik verwöhnen. So ist 100 Jahre nach seiner Entstehung der Film wieder dort angelangt, wo er begonnen hatte: beim Entertainment,
und inwieweit sich der künstlerische Film in der Bilderflut einer multimedial bunt-vernetzten Welt der Zukunft behaupten kann, ist fraglich.
Siehe auch Filmfestspiele; Filmtechnik; Filmmusik; Filmproduktion; Trickfilm; Oscar; Golden Globe Award; Videofilm; Experimentalfilm. Weitere Informationen über
einzelne Regisseure, Schauspieler und Drehbuchautoren finden Sie in relevanten biographischen Artikeln.
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